REGENSDORE Manche Vereine wollen die Leute von der Strasse holen. Der Radsport-Club Regensdorf möchte das Gegenteil und hat damit sehr viel Erfolg. Kein anderer Gümmeler-Verein in der Region bringt so viele Freizeitradler, aber auch Sportler aufs Velo - und das mehrmals pro Woche.
![]() Der harte Kern des RSC Regensdorf vergangenen Mai am Strand von Benidorm. Einmal jährlich bietet der Verein seinen Mitgliedern ein Trainingslager an der Costa Blanca an. |
Im Radsport-Club Regensdorf (RSC) gibt es zwei Sorten Gümmeler: die Angefressenen und die Angefressenen. Das soll weder potenzielle Neumitglieder noch Spassradler abschrecken, sagt Vereinspräsident Harry Huwyler. Wer dem RSC beitrete, die ersten Trainings und Touren mitgemacht habe, der habe sich mit dem RSC-Virus infiziert, oder wurde künftig nie mehr in den rot-weiss-schwarzen Klubtrikots gesehen. An der eigenen Fitness kann man im RSC kaum scheitern. «Wer mag, nimmt es gemütlich, wer sich und anderen etwas beweisen muss, tut das im Grüppchen der Rasen», sagt Harry Huwyler.
Wenns nicht regnet, treffen sich die Radler sonntags zum Tourenfahren, jeden Mittwoch zum Training. Die Senioren des Klubs nutzen den Vormittag, jüngere «Stahlwaden» den frühen Abend. Gefahren wird in drei Leistungsklassen. «Fun», «Classic» und «Race». Dabei fallen die Regensdorfer nicht bloss wegen ihrer modernen Outfits auf übrigens von einer Designerin entworfen, die selbst im Klub für ihr Bodytuning sorgt. Auffällig ist auch die schiere Masse der Trainingsteilnehmenden.
30 bis 40 Sportler kommen zusammen und trainieren in Gruppen, der Velofahrer sagt im Peloton. Das verlangt von den auch Sportler aufs Velo und das übrigen Verkehrsteilnehmern Geduld, denn solche Gruppen sind im Berufsverkehr nur schwer zu überholen. Für die Gümmeler schaffen die Pelotons Sicherheit. Im dichten und aggressiven Strassenverkehr leben einzelne Velofahrer gefährlich. Auch dies spreche für das organisierte Training im Verein, sagt Huwyler. Freitags bietet der RSC Jugendlichen Mountainbike-Trainings an. Up- und Downhill-Fahrten gibts am Altberg oder an der Lägeren. Im Winter, wenns für schmale Velopneus zu glatt ist, steigen auch die Rennradler auf die «Göppel» mit den Stollenreifen.
Nach den Ausfahrten wird die Meute gemütlich und kehrt ein. Fachsimpeln über neue Radsporttechnik, Lästern über Trainingsschwänzer und schamloses Übertreiben der eigenen Leistungen bei Vergorenem und geistreichen Kaffeeaufgüssen ist dann Trumpf. So ernst die Freizeit-Cancellaras das Velofahren nehmen, so entspannt und ausgelassen sind ihre «Höcks» danach. Die übrigen Gäste der RSC-Stammbeiz «Hirschen» in Regensdorf wissen darüber zu berichten.
Präsident fährt (fast) allen davon
|
Der 53-jährige Huwyler, seit 32 Jahren Vereinsmitglied, bevorzugt im Training die «Race»-Abteilung mit Durchschnittstempi um 30 km/h. Dort messen sich die Angefressensten der Angefressenen. Sportstudenten, Triathleten, Alp-Transit- Teilnehmer und ab und an sogar Profis aus dem Spitzensport. Mit Emma Pooley, der britischen Weltmeisterin im Zeitfahren 2010, gönnt sich der RSC ein erfolgreiches Aushängeschild. Überholen lässt sich die zierliche Emma bloss, wenn sie einen Platten hat oder aus Mitleid, sagt Huwyler. In der ETH-Doktorandin findet auch der durchtrainierte Präsident seine Meisterin. Erwähnt werden muss, dass der als Schulleiter in Regensdorf tätige gut 25 Lenze mehr auf dem Buckel hat. Ihn deswegen als «Senior» zu werten, wäre bei jährlich 12000 Trainingskilometern und zahlreichen Siegen an Jedermann- Rennen grundfalsch. An «Dirty Harry», wie Huwyler klubintern genannt wird, beissen sich viele jüngere, ambitionierte Mitglieder die Zähne am Kettenblatt aus. Chancen, den Mann am Berg stehen zu lassen, bieten sich, wenns im jährlichen RSC-Trainingslager in Spanien am Vorabend «mal etwas später» wurde. Dies berichten Insider. Zur Entwarnung: So viele Kilometer wie Huwyler reisst kaum ein RSCler pro Jahr ab. Wer Huwylers Trainingsleistung durch den Faktor 3 oder 4 teilt, wird in Gümmeler-Kreisen immer noch als Sportskanone angesehen.
Im Klub tummeln sich viele Eingeborene aus dem Furttal und Umgebung. Lokale Gewerbetreibende unterstützen den Verein nicht bloss als Trikotsponsoren, sondern radeln selbst mit. Wer die Mitgliederliste auf der Internetseite www.rsc-regensdorf. ch studiert, findet dort Bekannte aus der Nachbarschaft und wie Huwyler hervorhebt auch viele Neuzuzüger, was für den Ruf des Vereins spreche und ihn nicht unwichtig für die Integration von Neuankömmlingen mache. Das weit gereistete Mitglied stammt von den Galapagos-Inseln, mehrere aus Deutschland, den Niederlanden, Griechenland, Italien und natürlich aus vielen Schweizer Kantonen.
Während viele Veloklubs in der Region Zürich darben und eingehen, gedeiht der RSC. Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert, jedes Jahr wird die Mitgliederliste länger, das Einzugsgebiet dehnt sich weit über die Region Zürich aus. Das älteste aktive Mitglied ist 70 Jahre alt, das jüngste 11. Austritte sind an einer Hand abzuzählen und haben meist mit dem Wegzug aus der Region zu tun.
Radlerinnen sind noch rar im Klub
Zurzeit sind 100 Radler eingeschrieben, vornehmlich männliche. Leider, wie Huwyler
sagt. Der Klub würde gerne Frauen aufnehmen. Schliesslich boome der weibliche Rennradsport, davon möchte man profitieren. Mittelfristig möchte der RSC an Jedermann-Rennen im Land auch mit Frauen-Equipen auftrumpfen. Die Männer des Vereins bilden regelmässig Teams und bestreiten erfolgreich Wettkämpfe. Bereits zweimal konnte der RSC die Teamwertung der EKZ Züri Metzgete in Buchs gewinnen. Der dritte Sieg soll im Herbst in den Palmars gemeisselt werden.
JAN UELI SCHERZINGER
Originalartikel als PDF